Tun!

Tun!

Vor ein paar Wochen war ich eingeladen bei der Jubiläumsfeier eines großen Bauingenieurbüros. Ich erwartete Leute, die unter den aktuellen Problemen ächzen: Gaskrise, Klimakrise, Fachkräftemangel, gestörte Lieferketten. Aber wie war die Stimmung? Aufgekratzt und voller Tatendrang!

 

Einer berichtete von seinem Projekt in Hamburg: 20 000 Wohnungen werden dort demnächst mit der Abwärme eines Industrieunternehmens beheizt. Energie, die vorher jahrzehntelang nutzlos verpuffte. Von solcher Abwärme ist im Industrieland Deutschland noch 1000mal so viel vorhanden wie bei diesem Großprojekt. Das erlebe ich öfter: Normale Mediennutzer wie ich werden schnell mutlos angesichts der aktuellen Herausforderungen. Fachleute aber, die in der Praxis direkt daran arbeiten, haben einen unerschütterlichen Glauben an Lösungen. Und sie leisten Unglaubliches. Wegen der Struktur unserer Medien aber erfährt die Öffentlichkeit davon praktisch nichts.

Ein paar Erfolgsbeispiele: 1990 nutzten über 50 Prozent der Weltbevölkerung zum Kochen Holz, Kohle, Kerosin oder Dung. 2020 war es nur noch ein Drittel. Das bedeutet: In nur einer Generation ist es gelungen, 2,5 Milliarden Menschen Zugang zu Elektrizität und anderen sauberen Energiequellen in der Küche zu verhelfen. In den vergangenen zehn Jahren wurden dadurch über vier Millionen Menschenleben gerettet. Die USA galten als unverbesserliche Fleischesser. Aber zwischen 2003 und 2018 sank der Fleischverbrauch (inklusive Milch und Eier) um fast 40 Prozent – ein Rückgang der CO2-Emissionen im Ernährungssektor um mehr als ein Drittel. Die Länder Europas haben 2021 neue Photovoltaikanlagen installiert, die 22 Atomkraftwerken entsprechen – gegenüber dem Vorjahr 34 Prozent Zuwachs. Die EU-Staaten sind auf Kurs zur Erreichung der Solarziele für 2030. Schweden, Irland und Polen werden sie schon 2024 schaffen. Dänemark versorgt sich seit diesem Jahr zu 100 Prozent aus Windenergie.

Was empfinden Sie beim Lesen solcher Meldungen? Nur Tropfen auf den heißen Stein? Willkürliche Beispiele, geschönte Zahlen, bedeutungslose Einzelfälle? Verlieren Sie Ihr Misstrauen gegenüber der Zukunft. Was gelingt und sich verbessert, ist selten spektakulär. Deswegen wird es nicht wahrgenommen oder für selbstverständlich gehalten. Krisen können sogar gute Nebenwirkungen haben: Putins absurder Krieg hat zu einer vorher undenkbaren Beschleunigung der Energiewende geführt. 19 europäische Regierungen erhöhten ihre Klimaziele. Lassen Sie sich anstecken und gehen Sie auf die Suche nach Lösungen. Es gibt erstaunlich viele.

 

Werner Tiki Küstenmacher

Baujahr 1953, ist evangelischer Pfarrer im Ehrenamt, Karikaturist und Buchautor. Seit 1984 wohnt er mit seiner Frau, der Autorin Marion Küstenmacher, in Gröbenzell. Die beiden haben 3 Kinder und 2 Enkel.

 

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Märchenhaft

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