Viel Dorf, Wenigmünchen
Foto: Corinna Eichberger-Renneisen – Text: Ricarda Traub
Ein Sommertag. Ein Dorf. Ein Bauernhof. Sehr viele Katzen und noch mehr Gartenzwerge strecken liegend und stehend ihre Näschen in die Sonne. Ein Traktor fährt knatternd Richtung Feld und das Gänsepaar Hansi und Gretel schnattert fröhlich um die Wette. „Bei den beiden brauche ich keinen Wachhund, ruft die Bäuerin des Hofs gegen den Lärm an und lacht. „Die verscheuchen jeden Einbrecher!“
Wortwörtlich gesprochen hat dieser Ort tatsächlich wenig von München. Keine Menschenmassen, keine Geschäfte, keine Hektik. Stattdessen saftiges Grün, redselige Dorfbewohner und harmonisches Kirchengeläut. Dieses weht auch gerade zusammen mit einer milden Brise von der Pfarrkirche Sankt Michael herüber.
Ein schlichtes weißes Gebäude mit rotem Schindeldach, eckigem Kirchturm und umliegendem Friedhof. Angenehme Kühle und wohltuende Ruhe umhüllt den Besucher beim Eintreten in den schlichten Innenraum mit seinen einzelnen goldenen Elementen. Die Empore ist besonders hübsch. Süße kleine Kirchenbänkchen, knarzender Dielenboden und runde Guckfenster. Mit der Orgel, ganz eingehüllt in eine weiße Holzvertäfelung, wirkt das irgendwie schon fast gemütlich. Hier oben ist man dem Himmel und auch der Gebäudedecke ganz nah. Diese ist rosa, weiß und grau, ohne die gängigen Fresken, sondern mit einfachen Stuckrauten. Untypisch und schön.
Verlässt man das Gotteshaus und geht ein Stück den kleinen Hang hinab, gelangt man zum Kriegerdenkmal. Es erinnert an die Gefallenen der beiden Weltkriege.
Ach, wie nett! Vis-à-vis wurde aus einem Holzstamm ein Stuhl mit Lehne geschnitzt. „Eigentlich war das einmal unser Maibaum“, erzählt Anwohnerin Dany. „Der war aber so hoch, dass wir bei drohendem Sturm alle panisch unsere Autos weggefahren haben, aus Angst, er könnte draufkrachen“. Schließlich wurde das gute Stück gefällt und übrig geblieben ist diese Sitzgelegenheit. Na immerhin!
Direkt dahinter durfte ein Kraftort entstehen. Dany ist Schamanin und vollzieht dort ihre Trommelrituale. Bänklein, Glockenspiel und Traumfänger sind aber auch für Vorbeikommende eine Einladung zum Innehalten. „Wenigmünchen mit seinen umliegenden Wäldern ist für mich wunderbar, um eins mit der Natur zu werden“, so Dany. Und manche Spaziergänger entdecken sie vielleicht auf dem ein oder anderen Streifzug, wenn sie gerade einen ihrer Blütenteppiche legt. „Ach, DU bist die Schamanin des Dorfes“, heißt es dann.
Aber hier gab es doch auch irgendwo einmal ein Wirtshaus, oder? „Das ist da drüben“, ruft eine nette Dame von gegenüber und deutet auf das eher unscheinbare Gebäude mit umliegendem Gehöft. Reger Gaststättenbetrieb herrscht dort schon lange nicht mehr, aber bis vor ein paar Jahren wurde noch groß aufgetischt und es fanden Theateraufführungen, Hochzeiten und andere Feiern statt. Mit den Jahren wurden die ausgiebigen Feste immer kleiner und unregelmäßiger, bis die Küche schließlich ganz kalt blieb. Jetzt kommen die Dorfbewohner vor allem beim hiesigen Vereinsleben zusammen. Die Feuerwehr, der Gesangs- und Veteranenverein sind feste Institutionen.
Ein Wegweiser zeigt die Richtung zum Kalvarienberg. Im Spätmittelalter hat dort wohl eine Burg gestanden. Heute sind alle Spuren einer einstigen Festung beseitigt und der eingezäunte und etwas höher liegende Platz umfasst eine kleine Kapelle, dreizehn gemauerte Kreuzweghäuschen sowie eine religiöse Steinfigurengruppe. Schon immer wurde dieser Platz von vielen Gläubigen aufgesucht, um innezuhalten, zu gedenken und zu danken. Bereits 1740 sollen hier am Kalvarienberg etwa 300 Wallfahrer von Aichach auf ihrem Weg nach Andechs Mittagsrast gemacht haben. So viele pilgern heute nicht mehr hierher. Aber der ein oder andere Radfahrer steigt doch einmal ab. Dann sitzt er auf der Bank unter dem schattenspendenden Baum und ist dankbar - für die Rastmöglichkeit oder einfach so.
Ja, tatsächlich herrscht wenig München hier – aber damit lässt es sich ja auch wunderbar leben.
Steckbrief Wenigmünchen
Lage
Kirchdorf zur Gemeinde Egenhofen gehörend
Einwohner
278
Namensherkunft
Um rund 700 erste Waldrodungen, um Siedlungen zu bauen. Laut Überlieferung wurden die Mönche im angesiedelten Kloster immer weniger, weshalb dieses den Namen „Wenig-Mönche“ bekam. Schließlich gab es tatsächlich irgendwann gar keine Mönche mehr – die Bezeichnung blieb und ist bis heute im Ortsnamen enthalten.
Sehenswertes
Kalvarienberggruppe: 1740 auf Initiative des damaligen Pfarrers Josef Wenig errichtet; Fensterläden der Kreuzwegstationen und Kapelle an folgenden Tagen geöffnet: Von Palmsonntag bis Allerheiligen bei gutem Wetter an Wochenenden und Feiertagen jeweils von 9-19 Uhr
Katholische Kirche Sankt Michael: Spätgotischer Kirchenbau, 17. und frühen 18. Jahrhundert barock überformt; Taufbecken etwa aus dem Jahr 1730
Erwähnenswert
Die Freiwillige Feuerwehr Wenigmünchen wurde am 06. Februar 1898 gegründet. Das Einsatzgebiet umfasst neben Wenigmünchen auch die Orte Dürabuch und Fuchsberg.
Spazierwege, Radtouren und Aktivitäten
Blick über die Felder: Runde von Wenigmünchen – einmal rund um den Ort (ca. 7,37 km)
Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr
Busverbindungen nach Dürabuch und Maisach