Von Perlen und Juwelen

Von Perlen und Juwelen


 

Erhalten – anstatt platt machen. Bewahren – anstatt aufgeben. Nutzen – anstatt vergammeln lassen: Im Landkreis gibt zum Glück viele positive Beispiele, wie Erben oder neue Eigentümer verantwortungs- und stilvoll (und mit viel Eigenleistung) aus alten, schon fast verfallenen Gebäuden einzigartige Juwelen machen: Zum Wohnen, Arbeiten, Feiern oder für die Öffentlichkeit für Veranstaltungen. GUSTL hat zwei „Perlen“ besucht und die Kreisheimatpflegerin für den Bereich Baudenkmalpflege, Susanne Poller befragt.

 

Das Kloster Spielberg

Bürgermeister Norbert Riepl atmet auf. Fast geschafft: Noch wird zwar an diesem Tag Ende August gehämmert, gesägt und verlegt – aber schon jetzt ist selbst den fantasielosesten Betrachtern klar: Was in den ehemaligen Stallungen der einstigen Klosteranlage entsteht, ist einzigartig. Und das nicht nur wegen des herrlichen „Böhmischen Kreuzgewölbes“, das im westlichen Landkreis seinesgleichen sucht. Spätestens Ende des Jahres soll nach vier Jahren die Sanierung abgeschlossen sein und anschließend das geplante Café in Betrieb gehen. „Wenn uns nichts mehr dazwischenkommt“, hofft das Gemeindeoberhaupt.

 

Der Umbau der gesamten Anlage ist ein Mammutprojekt der Gemeinde und des tatkräftigen Fördervereins. Aber es kommt voran und kann guten Gewissens als Gewinn für Alle betrachtet werden. Denn die Anlage steht nicht nur den 1.741 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2024) zur Verfügung. Dazu zählt auch und besonders das „Filetstück“, wie Norbert Riepl den ehemaligen Pferdestall nennt. 2026 wird hier ein öffentliches Café in Betrieb gehen, das an zwei bis drei Tagen geöffnet haben soll: bewirtet von Mitgliedern des beispielgebenden Fördervereins oder einer noch zu gründenden Genossenschaft; eine erste Umfrage hat bereits eine sehr große mögliche Beteiligung ergeben.

 

Ein Traum wäre es auch für Bürgermeister Norbert Riepl gewesen, die Ziegelsteine wären sichtbar geblieben, allein: Durch die jahrzehntelange Nutzung als Stall waren die Mauern durchtränkt von Ammoniaksalzen. Und so schützen jetzt spezielle Strohmatten unter dem Sanierungsputz davor, dass Belastungen nach außen dringen können. Die Mitglieder des Vereins waren auch hier tätig und haben den belasteten Putz entfernt.

Bis dahin ist jedoch noch eine Menge zu tun: Sanitäranlagen, große und kleine Küche, Backofen in dem ehemaligen Schlachtraum, eine mobile Trennwand, die Theke und die Böden ziehen in den nächsten Wochen unter anderem noch ein. Abgesehen vom Mobiliar. Auch außen wird noch verschönert: Die Holzverkleidung unter dem Dachfirst wird bis zur Einweihung freigelegt, die alte Holztreppe wieder angebracht und neue Stallgatter vor die modernen Glastüren gesetzt. Der Ursprungscharakter bleibt somit optisch erhalten.

 

Für den bereits in 2000 geplanten und noch immer nicht umgesetzten Bürgersaals im Dachgeschoss des Stadls besteht zwischenzeitlich kein Bedarf mehr, darum wird der damals bereits angebrachte Schriftzug demnächst wieder entfernt. Erst einmal stehen erneute Sanierungen am Schloss und am Benefiziatenhaus an. Über dem Café sind aber schon Anschlüsse für denkbare künftige Nutzungen, zum Beispiel Übernachtungsräume für Seminare, verlegt. Bürgermeister Norbert Riepl: „Es ist und bleibt spannend.“

 

 

Zeittafel Schloss und Kloster Spielberg: 

1150 erste Erwähnung als Burg

1625 Neubau eines Schlosses

1899 Verkauf an die Franziskanerinnen aus Reutberg – Einrichtung einer Invalidenanstalt sowie gegen 1944 Lungensanatorium mit Liegehalle, später Alten- und Pflegeheim

1998 Verkauf an die Gemeinde Oberschweinbach

1999 Umbau eines Traktes für die Feuerwehr, Schützenverein und Wasserzweckverband

2002 Gründung des „Förderverein Klosterhof Spielberg“

…. Sanierung der Kapelle (gebaut 1576) und des Torwärterhauses.

…. Sanierung und Umbau der Remise zum Veranstaltungssaal mit kleiner Küche

2021 Start der Sanierung des ehemaligen Kuh-, Pferde und Schweinestalls und Baustopp wegen der Klage eines Nachbarn wegen befürchteter Ruhestörung

2024 Wiederaufnahme der Arbeiten

Kosten: Trotz tatkräftiger und unentgeltlicher Unterstützung der Mitglieder des Fördervereins 3,2 Millionen Euro, davon werden 80 Prozent an Fördermitteln gewährt.

 

 

Eine außergewöhnliche Kunstgalerie ist die große Halle, das Sommeratelier von einst bis heute. Darunter auch die Bilder des Erbauers, des Mathematikprofessors Wilhelm Kutta, sowie Hildegard Mössel, ihrer Töchter Petra Bergner und Christiane Neuberger, sowie ihres Mannes Peter Neuberger.

 

 

Die Neuberger-Galerie und das Atelier

 

Der Erinnerungen gibt es viele, in dem Haus in Fürstenfeldbruck, in dem Christiane Neuberger aufgewachsen ist – und in den beiden Ateliers, in denen ihre Mutter, die bekannte Malerin und Grafikerin Hildegard Mössel, ihre Kunstwerke malte. Noch heute zieren jene die Wände zahlreicher öffentlicher Gebäude und privater Häuser. Allein schon deshalb wäre es ein emotionaler Verlust gewesen, das außergewöhnliche Gebäude abzureißen, das 1920 ein Mathematikprofessor sehr kreativ gebaut hatte.

 

Nur der Erhalt der riesigen Galerie war für das Ehepaar Neuberger war schon ein „Kraftakt“. Durch die Holzwände pfiff der Wind, Dach und die riesigen Fenster mussten dichtgemacht werden. Kaum fertig, zog der Hausschwamm ein. Acht Tonnen Material mussten entfernt werden, bevor der Holzboden wieder verlegt werden konnte. Mit Argusaugen werden die Wände seitdem inspiziert.

 

Saniert haben Christiane Neuberger und ihr Mann Peter, Landschaftsarchitekt und Künstler, auch das kleine Atelier. Bezaubernd ist es mit seinen achteckigen Fenstern. Direkt angrenzend befindet sich das ehemalige Wohnhaus, in das nach der jahrelangen Sanierung die Tochter Lena Neuberger mit ihrer Familie zog: Akzente setzen im modernen Wohnkomfort gegenüber den alten Türen, dem Ofen, den Sprossenfenstern und sogar einer erhaltenen Wandmalerei.

 Zeittafel: 

1920 Erbaut von dem Mathematikprofessor und Maler Wilhelm Kutta

1944 Die Lebensgefährtin und Opernsängerin … erbt das Anwesen

…..  Der Untermieter und Maler erbt von ihr Haus und Grundstück

1953/54 Eilverkauf an Familie Mössel

Seitdem Galerie und Atelier der Malerin und Grafikerin Hildegard Mössel

sowie ihren künstlerischen Töchtern Petra Bergner und Christiane Neuberger sowie ihrem Mann Peter.

2016 bis 2019 Sanierung des alten Haupthauses

2021 bis 2022 Sanierung der kleinen Ateliers mit Wohnung

2023 Sanierung der großen Halle (Architekt und Energieberater Bernhard Fingerle, Egenhofen)

 

 

 

Warum stehen so viele Häuser leer?

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