Wo Geschichte Geschichten erzählt

Wo Geschichte Geschichten erzählt


Fotos: Corinna Eichberger-Renneisen, Museum Fürstenfeldbruck (Sammlung Kugler) – Text: Petra Neumaier

 

Die schwere Eisentür zum Dachboden jault auf. Wie in einem Horrorfilm „Alleine würde ich nachts nicht hier reingehen“, sagt Edigna Hillebrand schmunzelnd und schaltet das Licht an. Lange Regale tauchen aus der Dunkelheit auf, gefüllt mit den Schätzen der Vergangenheit: morsche, bunt bemalte Wiegen und Schränke; verschlissene Trommeln, auf denen schon lange niemand mehr geschlagen hat. Schwere Truhen umringen eine große Krippe, die ein Glasrahmen schützt. Daneben eine alte Staffelei. Wer hier wohl gearbeitet hat? Caroline Sternberg weiß es nicht. Ebenso nicht, woher auch in dem zweiten Raum die liebevoll sortierten Haushaltsgegenstände, Spielsachen und sogar der hölzerne Flugzeugpropeller stammen. Nur das ist für die beiden Leiterinnen des Museums Fürstenfeldbruck sicher: Dass jeder noch so kleinste Gegenstand hier seine eigene Geschichte erzählt, die auch die des ersten Museums der Stadt ist.  

 

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts: Eine Handvoll kultur- und geschichtsinteressierter Bürger ist besorgt, dass mit dem industriellen Aufbruch die Klostergeschichte sowie die regionale Handwerkskultur und Volkskunst in Vergessenheit geraten. Und so gründen sie 1903 den Historischen Verein mit dem Zweck, „die noch erreichbaren Überreste des heimatlichen Kulturgutes dem öffentlichen gemeinsamen Besitz des engeren Heimatbezirkes zuzuführen und zu erhalten.“

 

Jeder sucht oder gibt etwas dazu und noch im gleichen Jahr können die so gesammelten kunsthistorischen, volkskundlichen und archäologischen Exponate im „Niedermeier-Anwesen“, einer ehemaligen Brauerei in der Kirchstraße, ausgestellt werden. Neben gotischen und barocken Skulpturen sowie Gemälden ist vor allem der vom Vereinsvorsitzenden August Aumiller geliehene Hausaltar mit dem Altarbild von Christian Winck (1761-1779) aus der ehemaligen Abtkapelle des Klosters Fürstenfeld die Hauptattraktion. „Das Brucker Museum spielte damals sogar eine Vorbildfunktion für andere Museen“, betont Edigna Hillebrand.

 

Aber nur bis zum Ersten Weltkrieg. Dann wird das Museum geschlossen, die Exponate werden ausgelagert und eine Volksküche sowie Arrestzelle der Polizei eingerichtet. Erst 1926 wird der dann stark dezimierte Bestand wieder ausgestellt. 1934 erfolgt jedoch der Abriss des Gebäudes. Vereinseigenen Objekte werden an verschiedenen Stellen – „und leider meist unsachgemäß“ (Caroline Sternberg) eingelagert. Wertvolle Leihgaben von August Aumiller übernimmt der kirchliche Emeriten-Fond – zum Teil gehören sie noch heute zu den Beständen des Diözesanmuseums Freising.

 

Erst fast 30 Jahre später, 1961, werden die noch vorzeigbaren Reste des Museums im Alten Rathaus präsentiert – wohl „mehr schlecht als recht“, ist in den Analen zu lesen. Erst nach dem Tod des letzten Mitglieds des Historischen Vereins, Clemens Böhne, was auch dessen Auflösung zur Folge hatte, entscheidet die Stadt 1979, die Verantwortung für die Sammlung zu übernehmen und für die Region dauerhaft zu erhalten.

1982 wurde ein neuer Historischer Verein gegründet, der sich fast zehn Jahre später auch als Träger für den Ausbau und Unterhalt des im sanierten Ökonomietrakt des Klosters vorgesehenen Heimatmuseums anbot. 1991 wurde das Stadtmuseum Fürstenfeldbruck in der ehemaligen Brauerei und Pfisterei von Kloster Fürstenfeld mit einer modernen, musealen Präsentation zum Thema „Kloster Fürstenfeld“" eröffnet. Am 28. Oktober 1994 wird schließlich der Vertrag zwischen dem Verein, dem Landkreis und der Stadt unterschrieben: Demnach stellt die Stadt die Räumlichkeiten zur Verfügung, der Landkreis die erforderlichen Mittel.

Wenn im kommenden Jahr das Museum Fürstenfeldbruck seinen 35. Geburtstag feiert, dann ist das mehr oder weniger „nur“ sein Standort in den ehemaligen Klosteranlagen Fürstenfeld. Denn schon 88 Jahre zuvor gründeten angesehene Bürger der Stadt ein Museum, um wertvolle Zeugnisse der Vergangenheit für die Nachwelt zu erhalten.

1995 ist die Abteilung „Leben in Bruck um 1900“ ausstellungsreif. Darunter sind auch einige Exponate aus dem Ursprungsmuseum. Von diesem Zeitpunkt an geht es auch mit dem Stadtmuseum weiter steil bergauf: Ein Exponat nach dem anderen findet seinen Platz, so dass Ende 2001 schon der erste Teil der Abteilung „Kelten, Römer, Bajuwaren“ eröffnet werden kann. 2007 folgt ein zweiter Raum über die Kelten.

Edigna Hillebrand und Caroline Sternberg leiten seit Anfang des Jahres gemeinsam das Museum Fürstenfeldbruck.

Seit 2013 ist die Abteilung zur Klostergeschichte neu und sehr ansprechend gestaltet – gleichzeitig wurde das „Stadtmuseum Fürstenfeldbruck“ zum „Museum Fürstenfeldbruck“ umbenannt. Lebendig und interaktiv führen auch alle anderen Abteilungen in die Vergangenheit – hochmodern gestaltet. „Wer zum ersten Mal zu uns kommt, ist oft sehr überrascht“, freuen sich Edigna Hillebrand und Caroline Sternberg, die noch viel vorhaben. Wie eine Museumszeitung, in der sie dann vielleicht auch schon die Geschichten der ersten Exponate aus dem Depot im Dachgeschoss erzählen können.

Museum Fürstenfeldbruck, Fürstenfeld 6. Geöffnet dienstags bis samstags 13 bis 17 Uhr, sonntags 11 bis 17 Uhr, www.museumffb.de

Weitere, sehenswerte Museen im Landkreis …

ZEIT+RAUM Germering, Domonter Straße 2. Geöffnet sonntags 13 bis 17 Uhr, www.germering.de

Pfefferminzmuseum Eichenau, Parkstraße 43. Geöffnet sonntags, 14 bis 16 Uhr, www.minzmuseum.de

Furthmühle Egenhofen, Geöffnet nach Vereinbarung, www.furthmuehle.de

Feldbahnmuseum Fürstenfeldbruck, Bahnhofstraße 20. Geöffnet freitags 17 bis 20 Uhr, www.mec-ffb.de

Heimat- und Torfmuseum Gröbenzell, Rathausstraße 3. Geöffnet sonntags, 10.30 bis 12.30 Uhr, www.torfmuseum.de

Bauernhofmuseum Jexhof, Schöngeising, Geöffnet dienstags bis samstags 13 bis 17 Uhr, sonntags 11 bis 18 Uhr, www.jexhof.de

 

… und in der Stadt Dachau

Bezirksmuseum Dachau, Augsburger Straße 3, 85221 Dachau (Sonderausstellung bis 22. Februar: Die Welt im Spiel – Brettspiele aus 200 Jahren)

Gemäldegalerie Dachau, Konrad-Adenauer-Straße 3, 85221 Dachau (Sonderausstellung bis 5. Oktober „Blick.Punkt. Was Blicke erzählen“),

Dienstag bis Freitag 11 bis 17 Uhr, Samstag, Sonntag, Feiertag 13 bis 17 Uhr, www.dachauer-galerien-museen.de

 

 

Von Perlen und Juwelen

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